Sinnstiftend führen in gemeinwohlorientierten Organisationen: Positive Leadership mit PERMA-Lead

Wie „gute“ Führung geht, interessiert mich schon länger. Und damit bin ich nicht allein, denn es gibt unzählige Ansätze, Theorien und Modelle, Durch das Podcastgespräch mit Bildungsfrau Stephanie Reiner bin ich schließlich auf das Konzept von PERMA-Lead gestoßen. Das hat mich direkt angesprochen und ich habe mich in diesem Sommer durch das umfangreiche Buch „Positve Leadership – Mit PERMA-Lead erfolgreich führen“ von Dr. Markus Ebner gelesen. Eine Zusammenfassung des Modells und warum es besonders für Führungskräfte im gemeinwohlorientierten Sektor interessant ist, findest du in diesem Artikel.
Besonderheiten von Arbeit und Führung im gemeinwohlorientierten Sektor
Menschen, die in Bildung, Sozialarbeit, Gesundheitswesen, Sozialwirtschaft oder öffentlichem Dienst arbeiten, haben etwas gemeinsam: Ihre Arbeit richtet sich am Gemeinwohl aus. Sie übernehmen Verantwortung für andere, gestalten Zukunft und leisten täglich einen Beitrag für die Gesellschaft. Doch gleichzeitig sind gerade diese Berufsfelder häufig geprägt von knappen Ressourcen, bürokratischen Strukturen, hohem Arbeitsdruck und emotional anspruchsvollen Situationen.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wie Führung gestaltet wird, von zentraler Bedeutung. Denn Führungskräfte müssen nicht nur organisieren und steuern, sondern vor allem ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende motiviert bleiben, gesund arbeiten können und Sinn in ihrer Tätigkeit erleben. In den bestehenden Rahmenbedingungen, in denen eher Mangelverwaltung betrieben werden muss, ist das in der Regel eine große Herausforderung.
Doch wie kann Positive Leadership nach dem PERMA-Modell hier ansetzen? Ein Blick in die theoretische und konzeptionelle Rahmung zeigt, dass eine konsequente Umsetzung auf allen Ebenen Entlastung bringen kann.
Positive Psychologie als Basis für gute Führung
Die Positive Psychologie, begründet von Martin Seligman, beschäftigt sich mit den Bedingungen für ein gelingendes Leben. Statt Defizite oder Probleme in den Mittelpunkt zu stellen, geht es darum, das zu stärken, was Menschen wachsen und aufblühen lässt. Dass das wirklich funktioniert, belegen zahlreiche wissenschaftliche Studien.
Auf dieser Grundlage entwickelte Seligman das PERMA-Modell, das fünf zentrale Faktoren für Wohlbefinden beschreibt:
- Positive Emotions
- Engagement
- Relationships
- Meaning
- Accomplishment
Der österreichische Psychologe Markus Ebner hat dieses Modell in den Führungsalltag übertragen und daraus PERMA-Lead entwickelt. Auch hier belegen zahlreiche umfangreiche Studien zeigen: Führung, die sich an PERMA orientiert, wirkt sich positiv auf Motivation, Leistung, psychische Gesundheit und Teamkultur aus – und zwar in allen Branchen, besonders aber in Berufen, in denen Menschen mit und für Menschen arbeiten.
Die fünf PERMA-Faktoren und ihre Bedeutung für Führungskräfte
1. Positive Emotions – Freude bei der Arbeit
Freude, Dankbarkeit oder Optimismus sind keine Nebensachen, sondern Schlüsselressourcen. Positive Emotionen stärken das Immunsystem, erhöhen die Resilienz und machen kreativer.
Für gemeinwohlorientierte Felder heißt das: Auch wenn die Arbeit oft belastend ist, brauchen Mitarbeitende positive Erlebnisse im Alltag. Führungskräfte können durch kleine Gesten viel bewirken: ein ehrliches Dankeschön, ein humorvoller Moment in stressigen Zeiten, die bewusste Würdigung kleiner Fortschritte.
Warum das wichtig ist für Führungskräfte: Mitarbeitende spiegeln häufig die emotionale Grundstimmung ihrer Vorgesetzten. Wer als Führungskraft positive Impulse setzt, kann Motivation und Leistungsfähigkeit des gesamten Teams beeinflussen.
2. Engagement – Stärken einsetzen können
Viele Menschen in sozialen und öffentlichen Berufen bringen eine hohe intrinsische Motivation mit. Doch wenn sie ihre Stärken nicht nutzen dürfen oder permanent gegen strukturelle Hindernisse ankämpfen müssen, entsteht Frust.
Engagement im PERMA-Sinn heißt: Menschen sollen ihre individuellen Stärken einsetzen und weiterentwickeln können. Wer in seiner Arbeit „aufgeht“, erlebt Flow – einen Zustand, in dem Energie und Motivation von selbst fließen.
Warum das wichtig ist für Führungskräfte: Es reicht nicht, Aufgaben „gerecht“ zu verteilen. Vielmehr geht es darum, gezielt zu erkennen, worin Mitarbeitende gut sind, und sie darin zu fördern. Das steigert nicht nur Produktivität, sondern auch Zufriedenheit und Bindung ans Team.
3. Relationships – Förderliche Beziehungen gestalten
In Schule, Krankenhaus oder Sozialarbeit gilt: Erfolg ist fast nie eine Einzelleistung, sondern Teamarbeit. Beziehungen sind daher ein zentraler Erfolgsfaktor.
Eine Kultur der Unterstützung und Wertschätzung führt nachweislich zu höherer Produktivität, weniger Fluktuation und größerer Kundenzufriedenheit – in diesen Feldern bedeutet das: Patient*innen fühlen sich besser versorgt, Schüler*innen besser unterstützt, Klient*innen besser begleitet.
Warum das wichtig ist für Führungskräfte: Sie haben die Aufgabe, psychologische Sicherheit herzustellen – ein Klima, in dem Menschen ihre Meinung sagen, Fehler zugeben und Ideen einbringen können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Das ist besonders in Organisationen entscheidend, die stark hierarchisch oder bürokratisch geprägt sind.
4. Meaning – Sinn in der Arbeit erleben
Arbeit im Gemeinwohlbereich ist an sich sinnstiftend – und doch erleben viele Mitarbeitende Sinnverlust. Der Grund: Belastung, fehlende Anerkennung oder das Gefühl, nur noch bürokratische Pflichten zu erfüllen, können den Blick auf den eigentlichen Zweck verstellen.
Führungskräfte können hier gegensteuern, indem sie regelmäßig den Beitrag der Arbeit sichtbar machen: Was bewirkt die tägliche Mühe im Leben der Menschen, für die wir da sind? Wie trägt die Organisation zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei?
Warum das wichtig ist für Führungskräfte: Sinn ist ein Schutzfaktor für die psychische Gesundheit. Wer weiß, „wofür“ er etwas tut, hält Belastungen besser aus. Führungskräfte, die Sinn vermitteln, stärken Motivation und Resilienz ihres Teams.
5. Accomplishment – Ziele erreichen und Erfolge feiern
Gerade in sozialen oder öffentlichen Organisationen wird oft viel über Probleme gesprochen – weniger über das, was gelungen ist. Doch das bewusste Wahrnehmen und Feiern von Erfolgen ist zentral für Motivation und Durchhaltevermögen.
Das kann bedeuten, einen Projektabschluss zu würdigen, kleine Fortschritte im Alltag sichtbar zu machen oder einfach ein Teammeeting mit positiven Beispielen zu beginnen.
Warum das wichtig ist für Führungskräfte: Erfolgsfeiern sind kein „Nice-to-have“. Sie stärken die Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden – das Gefühl: Wir können etwas bewegen. Dieses Erleben steigert wiederum Leistung, Gesundheit und Loyalität.
Besonderheiten in gemeinwohlorientierten Feldern
Ressourcenknappheit und Bürokratie
Ob im Krankenhaus, in der Schule oder im öffentlichen Dienst – oft fehlen Zeit, Geld und Personal. Führungskräfte können diese Engpässe nicht immer ändern, aber sie können durch PERMA-Leadership eine Kultur schaffen, die Mitarbeitende stärkt und entlastet.
Emotionale Belastungen
Gerade im Gesundheitswesen oder in der Sozialarbeit gehören schwere Schicksale und Krisen zum Alltag. Positive Emotionen und förderliche Beziehungen sind hier wichtige Gegengewichte, die helfen, langfristig gesund zu bleiben.
Expertenorganisationen
In Bildung und Gesundheitswesen arbeiten hochqualifizierte Fachkräfte. Sie brauchen Freiraum und Vertrauen, um ihre Expertise einzubringen – kein Mikromanagement. Positive Leadership setzt genau hier an: Stärken nutzen, Verantwortung übertragen, Potenziale fördern.
Sinnorientierung
Mitarbeitende in gemeinwohlorientierten Bereichen wollen in erster Linie einen Beitrag leisten. Führungskräfte sollten diesen Sinn nicht als selbstverständlich voraussetzen, sondern aktiv sichtbar machen und schützen.
Fazit: Führung, die stärkt statt erschöpft
Positive Leadership mit PERMA-Lead ist kein „Wohlfühlprogramm“, sondern ein evidenzbasierter Führungsansatz, der gerade in gemeinwohlorientierten Organisationen Wirkung entfaltet.
- Er senkt Stress, Burnout-Risiken und Fluktuation.
- Er steigert Motivation, psychische Sicherheit und Qualität der Arbeit.
- Er macht Sinn, Freude und Zusammenhalt auch in herausfordernden Umfeldern erlebbar.
Führungskräfte, die PERMA-Lead leben, schaffen ein Umfeld, in dem Mitarbeitende nicht nur funktionieren, sondern aufblühen können – und genau das kommt letztlich auch den Menschen zugute, für die diese Organisationen da sind.
Wie das genau funktionieren kann? Dazu bald mehr in einem nächsten BLOG-Artikel.
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