Weiterbildung ganzheitlich denken im Bildungshaus

DOKK1 Aarhus in der Dämmerung

Was sie besonders spannend an diesem Arbeitsfeld an der Schnittstelle drei sehr unterschiedlicher Bildungseinrichtungen findet?

„Durch die Verknüpfung von Bibliothek und Volkshochschule schaffen wir einen Mehrwert, der die verschiedenen Facetten von Bildung sehr gut bedienen kann.“

Die Volkshochschule als klassische Bildungseinrichtung bietet Kurse, Lehrgänge und Vorträge an zu vielen verschiedenen Themen an – und zwar unter dem Motto: Bildung für alle! In der Regel funktioniert es so: Interessierte melden sich an, zahlen eine Teilnahmegebühr und können dann ihr gewähltes Angebot wahrnehmen. Aber auch durch Drittmittel geförderte Maßnahmen z.B. im Auftrag der Agentur für Arbeit oder des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge werden von Volkshochschulen angeboten. Bibliotheken erfüllen ebenfalls einen Bildungsauftrag. Sie halten diverse Medien bereit, z.B. Bücher und Hörbücher, Zeitungen und Zeitschriften oder auch Musik und Filme. In der Regel bieten sie jedoch keine festen Kurse an, sondern offene Angebote wie z. B. Hausaufgabenhilfe. Das Medienzentrum gliedert sich hier ein und flankiert mit seinem Angebot u.a. die Arbeit der anderen beiden Einrichtungen, in dem die Mitarbeitenden mediendidaktisch beraten.

Dr. Birgit Rabofski berichtet im Podcast von verschiedenen Projekten, die in Wolfsburg in Kooperation umgesetzt worden sind. Die Bündelung der Kompetenzen erzeugt einen Mehrwert für alle Beteiligten. Besonders gefällt ihr, dass sie die Menschen vor Ort auf diese Weise eng begleiten und in deren Leben Impulse setzen kann – und hier zeigt sich ihre persönliche Begeisterung für Bildung besonders:

„Ich kann durch meine Arbeit dafür sorgen, dass Angebote entstehen, die Menschen helfen, sich in ihrer Biografie weiterentwickeln zu können.“

Denn oft entsteht durch kleine Bildungsmomente erst der Mut, sich auch größeren Lern- und Entwicklungsvorhaben zuzuwenden. Genau hier braucht es möglichst niedrigschwellige Angebote, die Lust auf Lernen machen, vor allem, wenn Menschen in ihrem Leben bislang eher schlechte Erfahrungen im Bildungssystem sammeln konnten oder aber nur wenige lernende Vorbilder in ihrem Umfeld hatten. Doch es geht hier nicht nur um persönliche oder berufliche Entwicklung, sondern auch um gesellschaftliches Engagement:

„Was ich wichtig finde: Menschen Zugang zu Bildung und darüber Zugang zur Teilhabe an der Gesellschaft zu verschaffen.“

Dr. Birgit Rabofski ist überzeugt: Nur wer um die eigenen Rechte und Möglichkeiten weiß, ist auch in der Lage, sich im eigenen Umfeld, zu engagieren und damit das Leben in der Kommune aktiv mitzugestalten. Und davon profitieren am Ende alle!

Doch was braucht es, um Bildung in der Kommune zugänglich und nahbar zu machen? Der Name „Bildungshaus“ legt es nahe: es braucht einen attraktiven Ort, der so gestaltet ist, dass viele Bildungsbedarfe gedeckt werden können. Zugleich muss er gut erreichbar sein zu Fuß, mit dem Rad, mit dem ÖPNV und dem Auto, barrierefrei, mit Wohlfühlatmosphäre.

„Der Raum ist der dritte Pädagoge. Er hat einen ganz ganz großen Einfluss auf gelungene Lernkontexte.“

In Wolfsburg gab es sehr konkrete Pläne für ein innovatives Bildungshaus, angelehnt an skandinavische Vorbilder wie das Dokk1 in Aarhus. Leider hat sich die finanzielle Lage der Kommune nicht so entwickelt wie geplant, so dass die Pläne vorerst auf Eis gelegt wurden.

Und hier sind wir dann beim Thema Finanzen angekommen. Ein Thema, welches für den Bildungsbereich häufig mit Unsicherheiten einhergeht. Und welches insbesondere für die Weiterbildung noch schwieriger ist als für andere Bildungsbereiche:

„70 % des Wissens, das Menschen erwerben in ihrem Leben, kommt aus non-formalen und informellen Kontexten. Nur 30 % des Wissens, das Menschen erwerben, entsteht in den so genannten formalen Kontexten. Und wenn man sich dann überlegt, wieviel Finanzierung in die Schulen fließt, in die Hochschulen fließt, und wo Menschen am Ende ihr Wissen, ihre Informationen herbekommen, dann ist das ja ein völliges Ungleichgewicht.“

Diese stetigen Unsicherheiten machen mürbe. Zwar gibt es öffentliche Gelder für die Volkshochschule, für die Bibliothek und das Medienzentrum. Doch sind die Mittel in der Kommune nicht langfristig abgesichert, sondern müssen von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr neu ausgehandelt werden. Und auch auf Landesebene gibt es z.B. durch das Niedersächsische Erwachsenenbildungsgesetz eine Finanzierungsgrundlage. Doch da die Finanzhilfe seit Jahren nicht mit der reellen Kostensteigerung mithält, entstehen auch hier Lücken in der Finanzierung.

Trotz allen Schwierigkeiten ist Dr. Birgit Rabofski seit Jahrzehnten mit großer Begeisterung im vhs-Kontext tätig. Denn die Arbeit erfüllt sie trotz aller Unsicherheiten und Einschränkungen mit großer Zufriedenheit. Sie kann Biografien verändern und Gesellschaft gestalten und wirkt so aktiv an unserer Zukunft mit:

„Ohne Angebote der Weiterbildung ist die Gesellschaft nicht in der Lage, tiefgreifende Veränderungen wie Digitalisierungsprozesse mitvollziehen zu können.“

Danke an Canva für das Bild.

Mit Dr. Birgit Rabofski spreche ich auch in meinem Podcast. Hier geht es direkt zur Folge.