Zuhören, verstehen und Konflikte aushalten: wie Dr. Martina Weyrauch Politische Bildung versteht
Bildungsfrau Dr. Martina Weyrauch hat fast 25 Jahre lang die Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung geleitet. In Folge 57 des Bildungsfrauen-Podcast spreche ich mit ihr über ihren Lebensweg von der DDR über die Wiedervereinigung bis in die Gegenwart – und darüber, was politische Bildung in Zeiten von Angst, Polarisierung und gesellschaftlichem Wandel wirklich braucht.
„Bildung ist immer Beziehungsarbeit und immer auch Demut – man begegnet sich als Mensch, nicht von oben herab.“
Dr. Martina Weyrauch
Vom Engagement in der DDR zur Bildungsarbeit im wiedervereinigten Deutschland
Dr. Martina Weyrauch war schon als Jugendliche gesellschaftlich aktiv – in einem Umfeld, in dem Mitbestimmung alles andere als selbstverständlich war. Auch in der DDR engagierte sie sich für soziale Themen und lernte früh, Konflikte konstruktiv auszutragen. Nach der Wiedervereinigung arbeitete sie im öffentlichen Dienst, bevor sie schließlich die Landeszentrale übernahm – eigentlich nur „vorübergehend“, um Ordnung zu schaffen. Daraus wurden 25 Jahre prägende Arbeit für Demokratie und politische Bildung in Brandenburg.
Politische Bildung heißt: Verantwortung übernehmen
Seit Jahrzehnten beobachtet Dr, Martina Weyrauch die gesellschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland – von den sogenannten „Baseballschlägerjahren“ der 1990er über die Globalisierung bis zur heutigen Demokratiekrise. Ihr Credo: Demokratie war nie gemütlich – schon gar nicht in Ostdeutschland.
Sie betont, dass politische Bildung Menschen dazu befähigen müsse, individuelle Verantwortung zu übernehmen und sich nicht hinter Gruppen oder Ideologien zu verstecken. Extremismus – ob von rechts, links oder religiös motiviert – lehnt sie entschieden ab.
Verständliche Sprache statt akademischem Elfenbeinturm
Ein zentrales Thema ihres Engagements ist verständliche Kommunikation. Dr. Martina Weyrauch kritisiert, dass viele wissenschaftliche Texte und politische Analysen so kompliziert formuliert sind, dass sie an der Lebensrealität der Menschen vorbeigehen. Sie fordert, dass Bildungseinrichtungen und Wissenschaftler*innen klar, empathisch und wertschätzend sprechen müssen – nicht belehrend, sondern einladend. Nur so entstehe Vertrauen und Dialogfähigkeit.
Gegen Angst, für Dialog – Warum Zuhören politisch ist
Statt von einer „Polarisierung der Gesellschaft“ zu sprechen, sieht Dr. Martina Weyrauch vor allem ein Kommunikationsproblem: Extreme Stimmen beherrschen die sozialen Netzwerke, während viele Menschen verunsichert oder sprachlos bleiben. Ihr Ansatz lautet daher: Zuhören als Bildungsarbeit. Formate wie „Reden und Zuhören“ des Vereins Mehr Demokratie e. V. zeigen, wie Menschen wieder konstruktiv miteinander ins Gespräch kommen können, wenn Raum für echtes Zuhören geschaffen wird.
Ost-West-Perspektiven: Neugier statt Vorurteile
Sie spricht auch offen über die bis heute spürbaren Unterschiede zwischen Ost und West – und darüber, wie Neugier und Begegnung helfen, alte Gräben zu überwinden. Sie ruft dazu auf, sich der eigenen Prägungen bewusst zu werden und neue Perspektiven zuzulassen, denn Neugier sollte stärker sein als Angst.
Fazit: Bildung als Haltung
Bildungsfrau Dr. Martina Weyrauch steht für eine politische Bildung, die Menschen ernst nimmt, gesellschaftliche Spannungen aushält und Brücken baut – zwischen Generationen, Regionen und Weltanschauungen. Ihre Botschaft ist klar:
Demokratie ist keine Komfortzone, sondern ein Handlungsauftrag!